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Stellungnahme zum Klimamobilitätsplan der Stadt Freiburg

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Gemeinsame Stellungnahme des VCD Regionalverband Südbaden und des Fuß- und Radentscheids zum Entwurf des Klimamobilitätsplan 

Die Stadt Freiburg ist eine von vier Pilotkommunen in Baden-Württemberg, die einen Klimamobilitätsplan (KMP) erstellen. Anschließend sollen möglichst viele Städte und Landkreise im Ländle einen KMP erstellen. Maßnahmen, die Teil eines KMPs sind, kommen in den Genuss höherer Fördersätze aus dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG). Zum Zeitpunkt der Projekterstellung galten in Baden-Württemberg noch weniger ambitionierte CO2-Reduktionsziele für den Verkehrssektor von -40 % gegenüber 2010. Mittlerweile wurde dieses Ziel vom Landesverkehrsministerium auf -55 % zum Basisjahr 1990 angehoben. Diese Zielmarke wird auch voraussichtlich in das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz einfließen, dass sich derzeit in der Verbändeanhörung befindet und vom Landeskabinett bereits verabschiedet wurde. Daraus ergibt sich eine Reduktionslücke von rund 8 %. Das Land Baden-Württemberg kann die Rahmenbedingungen für das in Freiburg bereits angelaufene Projekt nicht mehr verändern. Allerdings begrüßt das Landesverkehrsministerium Reduktionsziele, die über die 40 % vereinbarte Reduktion hinaus gehen. Die Pilotkommune Heidelberg zum Beispiel geht mutig voran und strebt an, bis 2030 ihren Verkehr klimaneutral zu gestalten.

In der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2022 übernahm die Verwaltung einen Antrag1 mehrerer Fraktion, der auf die Anhebung des Reduktionsziel auf 55 % zum Referenzjahr 1990 abzielte. Wir sehen in diesem Antrag einen klaren Auftrag an die Verwaltung, die im Klimamobilitätsplan hinterlegten Maßnahmen entsprechend dieser neuen Zielsetzung anzupassen. Ansonsten droht ein KMP der zum Zeitpunkt seiner Verabschiedung im Frühjahr 2023 schon nicht mehr den gesetzlichen Reduktionszielen entspricht.

Die CO2-Emissionen im KMP werden nach dem Territorialprinzip und Sektorspezifisch berechnet. Das bedeutet, dass nur Emissionen, die auf dem Stadtgebiet im Sektor “Mobilität” stattfinden, einberechnet werden. Dies führt zu einer unerwünschten Verschiebung bei der Bewertung der Maßnahmen zur CO2-Reduktion. Die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung der batterieelektrischen Fahrzeuge entstehen, werden dem Sektor “Industrie” zugerechnet. Die Erzeugung der Energie wird kaum Emissionen auf Freiburger Stadtgebiet generieren, da sie zum einen nicht in den Sektor “Mobilität” fällt und zum anderen kaum Emissionen auf Freiburger Stadtgebiet generiert werden, weil in Freiburg sehr wenig Strom produziert wird. Die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte ist größtenteils für 34 % der eingeplanten CO2-Reduktion verantwortlich. Allerdings werden dadurch in anderen Sektoren (Bsp. Industrie) und außerhalb der Stadt (Stromerzeugung) mehr Emissionen ausgestoßen, um die Emissionsreduktionsziele im Sektor “Mobilität” zu erreichen. Diese Rechnung wird am Ende nicht aufgehen, denn unterm Strich müssen alle Sektoren ihre Emissionen drücken. Wenn der Sektor Mobilität seine Reduktion aber größtenteils durch Mehremissionen in anderen Bereichen erlangt, haben wir ein Problem!

Die Stadt geht in ihrem Rahmenszenario von einer Elektrifizierungsquote der Fahrzeugflotte von 20 % sowohl im PKW-Bereich als auch bei den leichten Nutzfahrzeugen aus. Allerdings gibt das Land einen maximal anzurechnenden Anteil der Elektrifizierung von 16 % der Fahrzeugflotte vor. Das letzte Mal, als die Bundesregierung ein Ziel für die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte ausgegeben hat, scheiterte sie kläglich: Das Ziel von 1 Million Elektrofahrzeugen, die 2020 auf der Straße hätten sein sollen, wurde erst im Juli 2021 erreicht, – und das auch nur, wenn man die rund 500.000 Hybridfahrzeuge zu dieser Quote dazu zählt.

Außerdem geht der Klimamobilitätsplan davon aus, dass der Strom für die Elektrofahrzeuge klimaneutral (und nicht auf dem Stadtgebiet) produziert wird. Am Netzknoten Eichstetten (für Freiburg relevanter Netzknoten) betrug der CO2-Rucksack einer Kilowattstunde elektrischer Energie 2019 ca. 500 g/kWh. Eine Stromversorgung zu 100 % aus Erneuerbaren Energien ist bis 2030 wenig realistisch.

Die mangelnde Transparenz zur Bewertung der einzelnen Maßnahmen zieht sich durch den gesamten Klimamobilitätsplan. Es ist für die Öffentlichkeit nicht ersichtlich, welche Maßnahme wie viel zur CO2-Reduktion beiträgt. Außerdem ignoriert das zur Berechnung genutzte Verkehrsmodell in unseren Augen wichtige Parameter wie die Verfügbarkeit von Parkplätzen. Es gibt für das Freiburger Stadtgebiet keine validen Daten zur Parkplatzverfügbarkeit. Dementsprechend kann das Modell auch keine Veränderungen in diesem Bereich berechnen. Wir weisen deshalb hier explizit darauf hin, dass durch das aktuell verwendete Verkehrsmodell große blinde Flecken in der Betrachtung möglicher Lösungsansätze enstehen.

(Maßnahmenbereich A3) “Auch Autofahrten aus der Region nach Freiburg sollen möglichst nahe den Wohnorten auf die Bus-, Bahn- oder Sharing-Angebote verlagert oder mit dem Rad zurückgelegt werden.”

Das sollte mindestens genau so für die Fahrten der Freiburger:innen aus dem Stadtgebiet hinaus gelten! Die Stadt Freiburg sollte darauf hinwirken, die P&R Plätze 24 h zu nutzen. Nachts stehen dort die Autos von den Menschen, die auspendeln und tagsüber von denjenigen, die zur Arbeit in die Stadt kommen. Außerdem sollten dafür Carsharingangebote an den P&R-Stationen ausgebaut werden.

Um das Angebot der zur Verfügung stehenden Carsharing-Fahrzeuge zu erhöhen, sollte die Stadtverwaltung ihre elektrischen Dienstfahrzeuge gegen eine Nutzungsgebühr den in Freiburg ansässigen Carsharing-Unternehmen zur Verfügung stellen: Insbesondere an den Wochenenden ist die Auslastung der bestehenden, privaten Carsharing-Fahrzeuge bereits sehr hoch.

Wir vermissen in dem aktuellen Entwurf die Rolle der städtischen Gesellschaften. Die Freiburger Kommunalbauten betreiben zahlreiche Parkhäuser in Freiburg und könnten durch Preispolitik oder durch Umwandlung eines Teils der Flächen in Radabstellplätze oder Dauerparkplätze für Anwohnende dazu beitragen, den öffentlichen Raum von PKW-Abstellplätzen zu entlasten2 und damit der aktiven Mobilität den Raum einräumen, den sie benötigt. Insbesondere die Bahnhofsgarage bietet eine großartige Gelegenheit eine zentral gelegene Mobilitätsstation zu errichten. Wir verweisen an dieser Stelle auf unseren Aufruf3 die in den nächsten Jahren anstehenden Sanierungsarbeiten zu nutzen um diese Transformation anzustoßen.

Über den Tellerrand

Warum wird die städtische Flughafen GmbH nicht im KMP erwähnt? Warum ist das VAG-Konzept, auf das im KMP mehrfach verwiesen wird nicht öffentlich zugänglich? Wenn die Emissionen der Busflotte aufgrund ihrer hohen Kilometerleistung auf dem Stadtgebiet so relevant ist, warum werden dann die Fahrzeuge der ASF nicht erwähnt?

Wo ist das Konzept für die Vermeidung von Elterntaxis? Diese tragen jeden morgen zu einem erheblichen Teil zum Kfz-Verkehrsgeschehen in Freiburg teil und stellen eine Gefahr für all diejenigen dar, die zu Fuß oder mit dem Rad in die Schule kommen. Hat das Schulamt abgewogen, wie sich eine Verschiebung des Schulbeginns4 ab der 8. Klasse auf die 3. Schulstunde auf die Kapazitäten im ÖPNV in der rush-hour auswirkt?

Wir wünschen uns klar benannte, quantitativ messbare Ziele und Maßnahmen und viel weniger Konjunktive!

Die bisher verfolgte Strategie des Ausgleichs aller Interessen und weich formulierten Zielen hat uns dahin gebracht, wo wir heute stehen! Obwohl wir alle wussten, dass die Emissionen des Verkehrs ein Problem sind, ist es uns seit der Weltwirtschaftskrise nicht gelungen, diese in Freiburg zu senken.

Weiter wie bisher” ist keine Lösung!

Wir müssen uns endlich trauen, unsere Ampeln so umzuprogrammieren, dass der gesamte Umweltverbund nicht ausgebremst, sondern bevorzugt wird. Die Vorrangschaltungen für die Straßenbahnen sind ein erster Schritt in diese Richtung aber noch lange nicht ausreichend. Wir fordern Bettelampeln für den Kfz-Verkehr und Standard-Grün für den Umweltverbund. Wir fordern eine grüne Welle für Tempo 25 an der „Radvorrangroute 3“!

Wir fordern ein Ende der Gratismentalität für Kfz-Parkplätze im gesamten Stadtgebiet! In diesem Sinne fordern wir eine Ausdehnung des P&R Parkgebührenkonzepts auf den Parkplatz am Eisstadion (Ensisheimer Straße).

Wir müssen die lange versprochenen Verkehrsberuhigungen in der Lorettostraße und der Carl-Kistner Straße im kommenden Jahr umsetzen und dann jedes Jahr zwei weitere Superblocks in Freiburg umsetzen.

Wir brauchen endlich eine durchgehende Radverkehrsinfrastruktur auf der Schreiber- und Dreisamstraße sowie Aufhebung der Längsparker in diesem Straßenabschnitt. Die Kfz-Leistungsfähigkeit steht auch an Bundesstraßen nicht über der Sicherheit des Radverkehrs5!

In diesem Sinne ist schlussendlich entscheidend welche Veränderungen wir schnellstmöglich auf die Straße bringen. Deshalb werden wir uns auch weiterhin aktiv an der Umsetzung der Verkehrswende in Freiburg beteiligen und auf die schnelle Umsetzung der aufgeführten Maßnahmen drängen.

Paul Daum

Vorsitzender des VCD Regionalverband Südbaden

Fabian Kern

Vertrauensperson des Fuß- und Radentscheids, Geschäftsführer des VCD Regionalverband Südbaden

1https://ris.freiburg.de/pdf-viewer.php?src=aHR0cHM6Ly9yaXMuZnJlaWJ1cmcuZGUvZG9jdW1lbnRzLnBocD9kb2N1bWVudF90eXBlX2lkPTUmYWdlbmRhX2l0ZW1faWQ9bmlfMjAyMi1HUi0yMzklN0M0ODkxMjA3MTAwMTY5JTdDMSZpZD02OSZqc29uPTEmcGxhdGZvcm09cmlzJmFnZW5kYV9pdGVtX2lkPW5pXzIwMjItR1ItMjM5fDQ4OTEyMDcxMDAxNjl8MQ==&name=QmVzY2hsdXNzIHZvbiBUT1AgMTUgOC4gU2l0enVuZyBkZXMgR2VtZWluZGVyYXRlcw==

2https://mitmachen.freiburg.de/ecm-politik/stadtfreiburg/de/mapconsultation/56943/single/proposal/1330

3https://bw.vcd.org/der-vcd-in-bw/suedbaden/bahnhofsgarage-zur-mobilitaetsstation-umwandeln

4https://www.quarks.de/gesellschaft/bildung/darum-sollte-die-schule-spaeter-beginnen/

5https://www.badische-zeitung.de/wie-gefaehrlich-sind-freiburgs-strassen-fuer-fahrradfahrer–176578319.html